Huch, meine Komfortzone ist verändert

Gedanken zum 2. Jahr

Auf dem Rückflug von München letztes Wochenende merkte ich: Wow, jetzt bin ich tatsächlich angekommen in meinem neuen Zuhause.

Woran ich das gemerkt habe? Zum ersten Mal habe ich so richtig gedacht, jetzt fliege ich nachhause als ich nach Mallorca flog. Im Februar von München oder auch im April von Köln hatte ich das nicht so gespürt. Als ich darüber nachdachte, fielen mir weitere Dinge auf, die jetzt im 2. Jahr expat life auf Mallorca anders sind…

doschuh burg strasse, mallorca

Mein Pace ist mehr so tranquilo.

Alle reden seit Jahren von Entschleunigung – hier auf Mallorca (er)leben wir sie. Im ersten Sommer lernte ich bei Hitze langsamer zu gehen. Das habe ich schon sehr verinnerlicht. Im Ort ist es normal, andere Menschen zu wahrzunehmen und zu grüssen. Oder gar einen Schwatz zu halten. Da gehst Du auch automatisch langsamer.

In München nahm mein Lebenstakt von Tag zu Tag wieder Fahrt auf. Busse wollten erwischt werden, um pünktlich in U-Bahnen umzusteigen und damit Seminarbeginn sowie Verabredungen mit Bekannten einzuhalten. Ich habe viel mehr auf die Uhr geschaut als hier auf Mallorca.

Als ich zurückkehrte, hatte ich ihn wieder an mir, den schnelleren Schritt: Ich überholte eine Frau aus dem Dorf. In zwei Tagen habe ich das Tempo wieder aufgegeben – jetzt wo die Hitze mittags in den Strassen flirrt ein wichtiger Punkt.

doschu und rainer, mallorca

Trockene Luft macht mir zu schaffen.

Obwohl mancher besorgt nachfragt, ob ich erkältet wäre, wenn ich in Deutschland bin: Ich leider einfach unter der vergleichsweise trockenen Luft. Auf Mallorca umgeben vom Mittelmeer ist die Luft feucht und salzig – zwei Faktoren, die gut für die Nasenschleimhaut etc. sind.

Bin ich in München raspeln Nase und Stimmbänder. Hände wollen ab dem 3. Tag wieder eingecremt werden. Lippen hecheln nach Pflege. Mein erster Gang führt mich in eine Drogerie und dort kaufe ich mir ein Meerwasser-Nasenspray. Für meine Stimmbänder liebe ich Ipalat, das mir mal eine Sprecherin empfahl und wirklich klasse ist.

Kürzere Einkaufsliste in Deutschland.

yummy reis-griess, mallorca
Lecker: Reisgriess mit Kirschen (aus Nippes vom Brüderchen)

Apropos Einkaufen: Die Liste der Dinge, die ich in Deutschland kaufen möchte, ist enorm geschrumpft. Das liegt an verschiedenen Entwicklungen. Zum einen haben wir inzwischen andere Produkte gefunden (z.B. Reisgriess – yummy) und unseren Speiseplan verändert.

Wir leben unter anderen klimatischen Bedingungen und für mich geht damit auch eine Anpassung an die lokalen Gegebenheiten einher. Hiesige Kartoffeln sind irgendwie wässriger als gewohnt; da haben wir als Alternative / Ergänzung die allgegenwärtige Süsskartoffel entdeckt. Lila Kartoffeln aus dem Agromarkt waren zum Beispiel eine passende Variante für unserem Jamie Oliver-Lieblingsrezept Kartoffel-Avocado Salat mit Kresse in Zitronen-Olivenöl-Sauce (Kresse übrigens ersetzt durch Basilikum).

Pasta ist weiterhin Favorit in unserer Küche – und haben jede Menge neue Varianten gefunden, wie Sommer-Pasta gut funktioniert. Zuletzt haben wir die jüngst kennengelernte mallorquinische Beilage zum Fisch abgewandelt: Klein geschnittene frische Tomate mit Kapern haben wir mit heissen Nudeln und Thunfisch gemischt – yummy!

Das erinnert mich an eine Frage, die nach unserer 1 Jahr Mallorca Serie eintrudelte: „Womit können Besucher aus der Heimat Euch richtig Freude bereiten?“

„Mit Brezen oder einer lokalen Tageszeitung oder ganz etwas anderem wie Frischhaltefolie oder einer speziellen Creme oder Luftschlangen oder oder oder?“

Mit ihrem Besuch! Liebe Menschen kann man nicht ’shoppen‘. Ich freu mich bärig über jeden meiner lieben Freunde, Bekannten oder weitläufig Vernetzten, wenn sie vielleicht auch nur auf einen leckeren Kaffee zu uns hereinschauen.

Denn ansonsten bekommen wir so gut wie alles in den verschiedenen Läden der Insel. Mallorca wird nicht umsonst als 17. Bundesland bezeichnet: Lokale Tageszeitung (SZ) gibt es hier. Die Frischhaltefolie in reissfesterer Qualität ist spätestens via Müller Drogerie auf der Insel vertreten.

Lediglich ein paar wenige Arzneimittel (s.o. angesprochenes Stimme-Pflegemittel), eine hefe-/glutamat-freie Brühe (ohne zu viele Zwiebeln) sowie meine grünen ungerösteten Pistazien fürs Müesli stehen auf der Liste. Pistazien waren letztes Mal allerdings in keinem deutschen Verkauf zu finden, den ich aufsuchte.

Komfortzonen erweitern.

„Respekt, dass ihr in dem Alter noch eure Komfortzone verlasst!“ Stimmt, wir sind nicht Mitte 30, und wir haben in München jede Menge Komfortzone aufgebaut. Für mich war es 2014 eine überschaubare Herausforderung, aus dieser Zone herauszutreten ins Neue. Jedoch erst in der Gruppe NEUES MACHEN*, die sich seit dem 1. Geburtstags-Tag im Space gebildet hat, wurde mir bewusst, was für viele mit dem Slogan „Komfortzone verlassen“ einhergeht.

Jüngst stellten wir in der Diskussion fest, dass nicht jeder so einfach mit dem Spruch „Verlass Deine Komfortzone“ für Inspiration, Entwicklung und Neues umgeht. Offensichtlich befürchten einige , es gäbe gar keinen Komfort mehr, wenn die Komfortzone verlassen wird. Spannend! An diese Sichtweise hatte ich vorher noch nie gedacht, erklärt aber einiges. Aus meiner Erfahrung kann ich daher allen nur zurufen:

Mit dem Umzug nach Mallorca habe ich meine Komfortzone zum Teil hinter mir gelassen, zum Teil aber auch mitgenommen. Und hier am neuen Lebensmittelpunkt sind durchaus neue Komfortzonen dazu gekommen (ich erinnere nur ans Yoga). Wir stellten in der Runde fest, wie ungleich angenehmer ist es von „Komfortzone erweitern“ zu sprechen!

Wer also Veränderungen in Menschen bewirken möchte, ist gut beraten statt dem bekannten Slogan die „Komfortzone verlassen“ von „Komfortzone erweitern“ zu sprechen. Ich bin schon sehr gespannt, wie andere in Gesprächen darauf mit weniger Unbehagen reagieren. Wie gefällt Dir „Komfortzone erweitern“?

Sonnige Grüße aus Santanyí,
Doris

komfortzonen erweitern -- chalk girl, doschu

 

* Die Gruppe trifft sich wöchentlich im Coworking Space und hat als Arbeitstitel NEUES MACHEN. Der Titel ist bewusst in neutraler Grossbuchstaben-Schreibweise gehalten: So kann es Neues machen und zugleich neues Machen sein.

5 Antworten auf „Huch, meine Komfortzone ist verändert

  1. Komfortzone erweitern hört sich super an. Und genau darum geht es auch aus meiner Sicht. Ich merke das immer wieder beim Reisen. Das erste Mal ist immer komisch und manchmal auch unangenehm. Ein Lebensmittel probieren, dass man nicht kennt, mit unbekannten Menschen in Kontakt kommen, alleine ins Restaurant gehen, in Australien wandern gehen trotz giftiger Schlangen und Spinnen. Man gewinnt, wenn man trotzt Furcht und Skepsis trotzdem macht und sich traut. Und beim nächsten Mal ist es schon einfacher, irgendwann ist es fast schon normal. Et voilá, die Komfortzone ist erweitert.

    Es freut mich, dass du so gut in Mallorca angekommen bist.

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