Meine letzte grosse Entscheidung: Ich ziehe nach Mallorca und mache einen Coworking Space auf. Für einige Freunde oder Angehörige klang das nach Erwin Lindemann von Loriot*.
Dies ist mein Beitrag zur Blogparade #jetztentscheideich – Wege und Tipps bei wichtigen Entscheidungen ausgerufen von Ute Blindert im Business Ladys Blog.
Nach etwas mehr als 365 Tagen auf der kleinen Insel im Mittelmeer fühlt es sich noch richtiger an als damals im August 2013. Zusammen mit meinem Mann verbrachten wir mal wieder 2 Wochen auf Mallorca zum Motorradfahren. In Tourpausen mit anderen Motorradfahrern, die per Mallorquin Bikes die Insel erfahren, stellte ich fest:
- Selbständige wie ich haben immer mit gewissen umgeplanten Auftragsanfragen zu tun – egal ob Ferien auf dem Plan stehen
- Kreative wie ich haben im Urlaub plötzlich den Durchbruch für einen Blogartikel, eine Seminarübung oder einen Vortrag – das will dann gleich bearbeitet werden
- Online-Kommunikatoren wie ich erleben gekaperte Blogs oder andere Krisen, die kaum vollständig delegiert werden können, ‚gerne‘ mal in den Ferien
Was tun wir? Wir versuchen am Ferienort das gebuchte Urlaubs-Wlan davon zu überzeugen mit uns in der Business Liga mitzuspielen. Ergebnis: Generve. Kein Wunder, wer hat in den Urlaubsvermietungen vorausschauend an Gäste gedacht, die pro Zimmer mit 3-6 Online-hungrigen Gadgets einziehen?!
Damals kam mir als begeisterte Coworkerin der ersten Münchner Stunden die Idee: „Hier wäre ein Coworking Space prima!“ Da könnte ich Freizeit geniessen und Geld verdienen prima unter einen Hut (oder Helm) bekommen. Das Internet verzeichnete einige Angebote in Palma, den nächst gelegenen Coworking Space in Portixol versuchte ich 2 mal zu finden und gab auf. Ausserhalb der Öffnungszeiten war der Space an der Fassade (landestypisch) unerkennbar.
Im Südosten von Mallorca gab es nichts. Der Südosten ist sehr hübsch sagte ich zu Rainer, hier könnten wir es gut haben, und auch viel häufiger im Jahr mit den Motorrädern herumfahren… Mit HaikuDeck klebte ich auf meinem iPad rasch ein paar Gedanken zusammen, präsentierte und reflektierte sie mit Rainer, dann mit anderen auf Mallorca und ein paar beruflich reise’lustigen‘ Freunden.
Bäm, a project is born. Next stop Mallorca!
Eine grosse Entscheidung, die viele viele kleinere und mittlere Entscheidungen mitbrachte, daraus nur eine kleine Auswahl:
- In welchen Ort ziehen wir?
- Wen können wir ansprechen bezüglich Erfahrungen?
- Wovon leben wir bis unser Startup-Projekt laufen lernt?
- Wo leben / urlauben Menschen auf der Insel, die einen Coworking Space als Bereicherung empfinden?
- Was ist uns lieber: Finca, Stadthaus oder Apartment?
- Wollen wir mieten oder kaufen?
- Wie sagen wir’s der Familie und den Freunden?
- Hm, Spanisch oder Mallorquí lernen?
- Wer hilft bei der Unternehmensgründung, bei der Steuererklärung in Spanien?
- Welche Dinge nehmen wir mit?
Und und und.
Was hat mir bei der grossen Entscheidung geholfen?
Zuversicht aus der Vergangenheit, aus früheren Entscheidungen und Lehren daraus. In jedem Ortswechsel, bei jedem Jobwechsel etc. steckte für mich etwas Gutes drin. Stets habe ich mich einige Zeit später gefragt:
- Was ist gut geworden?
- Was hatte ich anders erwartet?
- Hat sich etwas verschlechtert?
- Was hat mich überrascht im positiven Sinne?
Ganz wichtig: Dabei erkenne ich an, dass ich die Entscheidung nicht zurücknehmen kann, sondern versuche daraus etwas für meine Zukunft zu lernen. Etwas über mich zu lernen.
So erkannte ich als Twen (gibt es den Begriff noch?!) im Zusammenleben mit anderen Menschen in Beziehungen und Wohngemeinschaften, welche Ansprüche ich stelle, welche überzogenen Ansprüche darunter sind, die niemand erfüllen kann, wer mich enorm nerven kann, und wer mir am meisten gut tut. Das hilft mir für künftige Enrscheidungen, denn unterbewusst schwingen diese Erkenntnisse bei Entscheidungen im Privatleben sowie in punkto Arbeitsplatz mit (Tipp: Immer um ein Gespräch mit künftigen Kollegen bitten).
Dabei versuche ich ein ‚Over Analyzing‘ zu vermeiden – manchmal erkannte ich erst viele Jahre später, wenn jemand eine persönliche Begebenheit erzählte, was der „Schlüssel“ zu einem meiner früheren Erlebnisse war. Erzwingen bringt hier gar nichts, Beobachtungen erst mal ohne weitere Wertung notieren, um sie zu memorieren und (innerlich) parat zu haben. Und zur Seite legen, erst mal abschliessen. Es geht in unserem Hirn wenig verloren, solche Reflektionen vergessen wir nicht völlig. Aus der Betrachtung folgt für mich: Meine Entscheidungen waren gut, sogar sehr gut.
Daraus ergibt sich meine Zuversicht, die ‚richtige‘, oder sagen wir besser die passende Entscheidung zu treffen. Und ja, die Zuversicht kommt vor dem positiven Einfluss auf meinen Entscheidungsprozess, dass ich diesen Weg gemeinsam mit meinem Partner gehen kann: Daher bedeutet das 2go2 Mallorca weniger ‚to go to Mallorca‘ sondern auch ‚two go to Mallorca‚ :) Eine gute Entscheidung.
* Ah, lustig, apropos Entscheidungen: Die Entscheidung, in diesem Sketch nicht selber die Hauptrolle zu spielen, habe Loriot im nachhinein sehr gewurmt…
2015/10/31 um 18:26
Hi Doris,
schön beschrieben was in dir/euch vorgegangen ist.
Ihr seid in meinen Vorlesungen immer das Beispiel dafür, dass sich Berufsbilder und deren Infrastruktur ändern, und dass ohne INTERNET vieles gar nicht möglich wäre.
Und auch, dass ich älter als das Internet bin kommt mir hier immer wieder in den Sinn.
Hätte mir damals nicht vorstellen können was aus einem Kästchen das komische Geräusche ins Telefon piept alles erwächst.
Sogar 2 die nach Mallorca gehen um dort gemeinsam zu arbeiten.
Mit den Enkeln dieser kleinen piepbox.
Und was einfach schön ist, dass Menschen darüber auch in Kontakt bleiben (können).
Eine wunderbare Zeit wünscht dir
-der andere- Rainer
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2015/10/31 um 19:13
Haha, Enkel der ‚Piepbox‘? Kommt mir manchmal wie mindestens Grossenkel-Generation vor :) Herzlichen Dank für Deine Rückmeldung. Hoffe Deine Vorlesungs-Teilnehmer nehmen etwas von unserem Pionier-Spirit mit & erfinden viele neue ‚Futures of work‘! LIebe Grüße, doris
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