2go2 Mallorca

Blog zur Insel im Mittelmeer

Künstlerfinca Can Brut

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Mit Ingrid Flohr unterwegs zum Bildhauer Rudi Neuland

Die erste Berufswahl mag erfolgreich sein, aber ist sie auch erfüllend? Diese Frage stellte sich Rudi Neuland vor vielen Jahren – und entdeckte den Künstler in sich. In unserer Nachbarschaft in der Region Santanyí lebt er zusammen mit der Galeristin Anne Will auf der Künstlerfinca Can Brut. Mit der Kunst-Tour von Ingrid Flohr arte & cultura tauchen wir ein in einen wunderschönen Garten mit von verschiedenen Orten geprägten Skulpturen und Werken.

Skulpturengarten

Künstlerfiinca Can Brut
Künstlerfinca Can Brut • Santanyí

Die wunderschöne Finca nahe Cas Concos ist ein Privatgrundstück. So ergriff ich gerne die Gelegenheit auf Ingrids Kunst-Tour den Garten, die Skulpturen und den Künstler kennen zu lernen.

Die Tour beginnt mit der eingangs angesprochenen Frage. Manche sind Buchhalter und wären im Kreativen besser aufgehoben, meint Rudi Neuland. Denn: „Es wäre doch schön, wenn wir vor der beruflichen Karriere wüssten, wo unser Können tatsächlich liegt.“

Was er uns damit sagen will untermauert dann die hohe Skulptur in einem Bambushain. Aus dem Stein heraus gemeisselt ein weiblicher Torso. Er liess einen grossen Stein liefern und erlernte die Handwerkskunst eines Bildhauers von einem Meister seines Fachs erzählt uns Rudi Neuland.

Nun, das erste Werk, quasi Gesellenstück, empfinde nicht nur ich als überdeutlichen Fingerzeig. Rudi Neuland erkannte vor 28 Jahren seine Passion als bildender Künstler: gleichzeitig mit diesem Torso legte er seinen inneren Bildhauer frei.

Skulptur von Rudi Neuland / Can Brut
Skulptur von Rudi Neuland / Can Brut

Mixen & Experimentieren

Die Mischung aus Materialien und Stile lassen mich zunächst an eine Sammlung unterschiedlicher Künstler:innen denken. Objekte aus Beton wechseln sich ab mit Werken aus Holz von Mandelbäumen, Oliven, Aprikosen, Kirschbaum, Ahorn, Johannisbrotbäumen oder Ebenholz; herausgearbeitete Figuren, Köpfe oder Strukturen aus verschiedenen Natursteinen, darunter Sandstein und Basalt.

Das Lernen am Stein und die Verehrung erfolgreicher Künstler:innen führe zu anderen Stilen und Stil-Experimenten, erfahren wir von Rudi Neuland. Und anders als bei der Arbeit am Stein wird eine Plastik aus Beton aufgebaut, angeflanscht – ohne ‚was weg ist, ist weg‘-Begrenzung. Figurenformen werden mit Bronze ausgegossen. Metall miteinander verschweisst oder glühend mit Traktoren auseinander gezogen.

Spätestens als wir an einer grossen, pinkfarbenen Skulptur vorbeikommen muss es sich doch mal um ein Sammlerstück handeln! „Ach, das ist der innere Schweinehund“, lacht Rudi Neuland darauf angesprochen. Inspiriert haben ihn dazu die traditionellen Tierfiguren Afrikas. Mir kamen bei der ersten Betrachtung die kleinen Zuni Totemfiguren der Ureinwohner:innen Neumexikos in den Sinn. Bis auf das ungewöhnliche Pink.

„…der in Deutschland, Südafrika und auf Mallorca lebende und arbeitende Bildhauer stellt den Menschen und seine kulturelle Vielfalt in das Zentrum seiner künstlerischen Arbeit. Und wirft dabei viele Fragen auf, nach dem Leib und Leben oder Zusammenleben, nach dem Individuum und der Gemeinschaft.“

https://mallorca-kuenstlerfinca.de/

Kunst als Statement

Rudi Neuland ist die Vielfalt der Kunst wichtig. Dass Kunst schön sein kann, experimentieren soll, erinnern kann, ein politisches Statement sein darf und zumindest die Auseinandersetzung mit politischen Themen anregen sollte. So erzählen Kunstwerke aus der Zeit in Südafrika von der Verarbeitung von Erfahrungen, Gelerntem oder Miterlebtem.

Zum Beispiel der Wellblechturm, inzwischen ein Nachbau seines Original-Werkes, das er mit gekauften Blechen aus einem der Slums in Kapstadt schuf. Nachhaltig blieb ihm in Erinnerung, wie eine Feuerstelle ausser Kontrolle geriet, und ein Flächenbrand die angrenzenden Wellblechhütten zerstörte. Noch während die Bleche glühten, zogen die Bewohner:innen sie aus den Überresten um sie wiederum für ihre Hütten zu nutzen. Neu zusammengestellt, mit Farb- und Brandspuren. Wer sich keine Wohnung oder einen Platz in einem so genannten Hostel leisten kann, baut eine Hütte: Hier wird keine Miete fällig. Selbst Jahrzehnte nach der Aufhebung der Apartheid müssen viele Menschen Südafrikas in Wellblechhütten leben.

Weiter zurück in der Geschichte geht Neulands Gemäldeserie „District Six“. Der Name sagte mir etwas, jedoch fiel es mir nicht sogleich ein – dann mit den Ausführungen von Anne Will erinnerte ich mich. Es ist eines der Viertel in Kapstadt, die der Apartheid weichen mussten. Zuvor lebten hier Menschen aus unterschiedlichen Kulturen harmonisch zusammen. Das District Six Museum erinnert daran – ein wunderbarer Appell an kulturelles Miteinander.

„In den späten 1960er Jahren wurde der als multiethnisches, kulturelles Zentrum geltende Stadtbezirk gewaltsam geräumt und abgerissen und in ein Wohnviertel für ‚Weiße‘ umgewidmet. Die Vertreibung der vormaligen Bevölkerung gilt als eines der Musterbeispiele für die rassistische Politik der Apartheidsperiode.“

https://de.wikipedia.org/wiki/District_Six /QUOTE

Auch die Stadt Fulda bietet Auseinandersetzung mit der lokalen Geschichte. Unter einem prächtig rosa blühenden Judasbaum erzählt Anne Will davon, an wen die schwarze Bronzebüste neben dem Kaktus erinnert. Es ist Merga Bien, eine Frau, die in der Strasse gelebt haben soll, in der sie ihre Galerie in Fulda betrieb. Für ein Kulturfest in ebendieser Strasse schuf Rudi Neuland den Kopf zur Erinnerung an das unsägliche Leid, dass die Hexenverfolgung auch in Fulda unter die Menschen brachte.

Musik & Kunst

Den Schlusspunkt unserer Gartenreise bildete die Galerie mit Kunstturm und Piano in der Finca. Hier bringen die beiden Gastgeber klassische Musik und Kunst zusammen: Piano & Art. Die gastierenden Künstler und Künstlerinnen sind überwiegend Preisträger internationaler Klavierwettbewerbe wie der Pianale Fulda. Diesen jungen Talenten möchten Anne Will und Rudi Neuland mit der Finca Can Brut eine Bühne bieten, ein kreatives Umfeld im Gästehaus um sie in ihrer Karriere zu fördern.

Gemeinsam mit Ingrid Flohr arte & cultura wird das Programm entwickelt und Interessierten bekannt gemacht, bei uns im Coworking Space liegt das Programmheft aus und unsere Gäste weise ich gerne darauf hin.

Ich gebe es zu, Klassik schallt eher selten aus meinen Lautsprechern, aber wenn, dann Klaviermusik: Chopin, Mozart, Satie. Auf jeden Fall freue ich mich – sobald es wieder möglich ist – auf einen Can Brut Piano & Art-Event. Allein um die eine oder andere Skulptur wieder anzuschauen und vor allem die Gastfreundschaft der beiden zu geniessen. Herzlichen Dank für diesen wunderschönen Nachmittag.

Links zur Vertiefung

Rudi Neuland Golden Ei
So passend zu Ostern!

Fotos: DoSchu / 2go2-mallorca.eu

Autor: DoSchu

new work catalyst • online event superhero • online collaboration pro • Moderatorin • Bloggerin • Netzwerkerin • Gründerin & Coworking Host Rayaworx (Mallorca) & cowirkspace (Digitalien) • running on good coffee ☕️ https://doschu.bio.link

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