Lesung mit Susan Carner „Mallorquinische Leiche zum Sa Rua“
Moment, das passt ja gar nicht zu der Serie „Ein Besuch im…“ – und doch. „Eine Testleserin hat mir nach Lektüre meines Mallorca-Krimis geschrieben, sie war nach dem Lesen gefühlt jetzt auf Urlaub“, freute sich Susan Carner auf der Lesung im Rayaworx, Santanyí. Denn Reise- und auch Kriminalromane, die in beliebten Ferien-Regionen spielen, nehmen uns mit auf eine kleine Auszeit – mitten im Alltag.
Viele Leserinnen und Leser freuen sich über Handlungen, die an realen Orten spielen, zu denen sie en passant Details erfahren. Anders als ein faktenorientierter Reiseführer liest sich eine Erzählung schlichtweg leichter. Und seit einiger Zeit sind diese Geschichten eben auch Kriminalgeschichten, die auf Mallorca spielen.
Krimiautorin Susan Carner
Zu den Autorinnen und Autoren, die sich diese Mallorca Krimi ausdenken, zählt Susan Carner (Pseudonym). Die in Berlin lebende Österreicherin verbringt viel Zeit auf ihrer Lieblingsinsel Mallorca. Hier recherchiert sie ihre Geschichten, bekommt Ideen für ihre „Fälle“ und taucht ein in die lokale Kultur. Zum Beispiel in die Kultur der hiesigen Karnevalsumzüge, die Sa Rua genannt werden.
Susan Carner lässt Kriminalfälle auf der Sonneninsel von der Kommissarin Mercédès Mayerhuber lösen, eine Frau mit spanisch-deutschen Eltern. In Madrid ausgebildet nimmt sie uns mit auf die sprachlichen Herausforderungen für Neu-Mallorquiner, in den Gesprächen mit ihrem Kollegen Miquel schön dargestellt.
„Den Plot habe ich fertig im Kopf und auch den Täter oder die Täterin. Ich schreibe dann, wie die Tat entdeckt wird und das Geständnis. Erst danach gehe ich ins Detail und überlege mir die Geschichten drumherum“, erklärt die Krimiautorin ihre Art zu schreiben. Besonders in der entspannten Zeit auf Mallorca fallen ihr viele Szenen ein. Beim Spaziergang am Strand oder zum Sonnenuntergang in ihrer Lieblings-Bar notiert sie sich Ideen, um diese später in Berlin mit ihrer Krimi-Story zu verweben.
„Ich habe mich mal enorm über eine sehr laute und nervige Gruppe von vier Männern am Nebentisch geärgert“, erzählt Susan Carner. Die Gruppe beschrieb sie dann mit ihrer ganzen Unerträglichkeit für das unfreiwillige Publikum für eine Szene in einem ihrer Krimis. „Ich habe mich gerächt in meinem Roman“, schmunzelt Carner „und einen davon umgebracht.“ Ok, das ist auch eine Art mit negativen Gedanken umzugehen.
Winter aus Berlin auf Mallorca
Im aktuellen Krimi haucht Susan Carner das Leben der Hauptperson jedoch eher kurz und knapp mitten im Getümmel des Karnevalsumzuges aus. Die Kommissarin und ihr Team tappen entsprechend lange im Dunkeln über ihre „Mallorquinische Leiche zum Sa Rua“. Da es sich bei dem Toten um einen Reisenden aus Berlin handelt, bringt die Autorin ihre Kommissarin Rebecca Winter ins Spiel, die in ihren anderen Büchern in der Hauptstadt ermittelt.
So glänzen und konkurrieren die beiden starken Frauen Mayerhuber und Winter sehr unterhaltsam durch die Geschichte. Ich fand das sehr passend, auch ihre dazugehörigen Reibereien darüber, wer den Hut auf haben wird in der Fallbearbeitung. Ein Fall, der behutsam aufgrund der Umstände mit klarer Meinung zum sozialem Verhalten des Wegschauens dargelegt wird.
Balearische Besonderheiten
Angenehm dosiert vermittelt Carner im Roman interessante Details und Wissenswertes über Mallorca. Die Story gerät da nicht aus dem Fokus. So erklärt sie wie nebenbei die Herkunft der Tapas – mit dem Hinweis, wie anders diese Köstlichkeiten auf Mallorca im Vergleich zum spanischen Festland ausfallen (siehe Lecker Essen Mallorca … Tapas).
„Ich erzähle die Geschichte der Herkunft gerne meinen Gästen. Dass eine Tapa ein Appetithäppchen ist, wissen die meisten. Dass das Wort Tapa eigentlich ‚abdecken‘ bedeutet, weiß keiner mehr. Und finden es spannend, wenn sie erfahren, dass der Brauch aus Andalusien kommt.“
„Ich denke, das war eine der ersten Geschichten, die ich über meine spanische Heimat erfahren habe. Wenn meine Mamá einen Aperitif im Garten zu sich genommen hat, kam sie jede Mal mit der Story, dass man auf ein Sherryglas eine Baguette-Scheibe mit einer Olive gelegt hat, damit keine Fliegen reinkamen. Und daraus der Brauch mit den Tapas entstand…“
Oder die bei Mallorquinern sehr beliebte heiße Schokolade, die in Palma vorzugsweise im traditionsreichen Ca’n Joan de S’Aigo geschlemmt wird (siehe So leuchtet Palma).
Sie [Mercédès] liebte die Schokolade im Ca’n Joan De S’aigo in der Carrer de Can Sanç und ging mindestens einnmal die Woche auf eine Tasse hin.
„Zu dickflüssig. Man kann sie kaum trinken, sondern muss sie löffeln“, äußerte Becker abschätzig.
„Das ist die typische spanische Schokolade, eine Delikatesse. Hier wird sie nicht dünnflüssig wie ein Kakao getrunken. Früher war das ein Luxusgetränk und das Getränk der Könige! Wir sind hier nicht in Deutschland!“ Miquel schaute sie leicht tadelnd an.
Selber habe ich Neues über den typischen Palo de Mallorca gelernt, den dunklen Kräuterlikör auf Karamelbasis. Erfunden wurde er, um die Einnahme des heilenden Chinins erträglicher zu machen, der Alkohol kam aus Haltbarkeitsgrund hinzu. Inzwischen gilt der Palo als beliebter Aperitif.*
Herzliches Dankeschön an Susan Carner, dass sie sich von Berlin und Peguera aus nach Santanyí aufmachte um die 1. Mallorca-Krimi-Lesung im Rayaworx zu halten. Ich hoffe, es bleibt nicht bei der Premiere. Das Genre Mallorca-Krimi ist ja noch recht jung, und bald erscheint der nächste Fall von Mercédès…
Links zu Susan Carner
Karneval & Mallorca
Am Faschings-Sonntag versammelt Sa Rua, der grosse Umzug durch Palma, die Feierlustigen am Nachmittag. Für die Kinder gibt es eine gesonderte Karnevalsparade, der als Sa Rueta dieses Jahr bereits eine Woche vorher stattfand. In den Dörfern und Städten im Umland finden ebenfalls viele Aktivitäten, Parties und Umzüge statt.
So ist hier in Santanyí der lokale Sa Rua eine Parade, an der viele Klassen und Gruppen der lokalen Schulen sowie der Musikschule teilnehmen. Typisch für unser Städtchen ist der Sa Rua ein grosses Familienfest. Am Karnevals-Samstag geht’s um halb vier los in der Carrer Guàrdia Civial. Über den Plaça Major ziehen die Gruppen dann rund um die Kirche zurück zum Plaça Major. Für die Kinder spendiert die Stadt anschließend heisse Schokolade im Jugendzentrum.
Im Nachbarort Cala d’Or ziehen die Narren ebenfalls am Faschingssamstag los, allerdings erst um fünf Uhr nachmittags. Und in s’Alqueria Blanca wird der Karnevalssonntag für den lokalen Sa Rua genutzt, der sich ebenfalls um fünf Uhr nachmittags in Bewegung setzt.
Die Faschingszeit endet auf Mallorca in der Nacht des Karnevalsdienstag – und zwar mit der Verbrennung der Sardine / Enterra de sa Sardina. Dazu wird eine große Sardine gebastelt, die dann in einem Trauerumzug durch die Straßen getragen wird, um sie gemeinschaftlich zu verbrennen. Das kannst du hier im Video vom Umzug 2019 in Manacor anschauen: youtu.be/K2gx9pG6-A8.
* Unsere Freundin Caro hat mit dem mallorquinischen Palo eine Art schnelle Crème Caramel für Erwachsene erfunden: Vanillepudding kochen und in kleinen, hohen Schälchen erkalten lassen. Nach dem Stürzen ein halbes Likörglas Palo de Mallorca darüber geben – lecker!
Fotos: DoSchu / Rayaworx • Illustration DoSchu / 2go2-Mallorca mit Canva.com
2020/02/17 um 20:17
Sehr schön dargestellt, liebe Doris. Es hat mir viel Spaß gemacht bei euch … die dritte Leiche stellen wir dann bei euch vor… der Hinweis mit dem Pudding ist genial 😍
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2020/02/17 um 22:05
Dankeschön :)
Oh, das ist eine wunderbare Idee. Dann genehmigen wir uns als Dessert zur Lesung eine Crème Caramel-Palo.
Saludos, Doris
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